Lichen sklerosus

Lichen sklerosus, früher Lichen sklerosus et atrophicans genannt, ist ein nicht ansteckendes, nicht allergisches Ekzem des Genitale und der analen Region bei Frauen, Männern und Kindern. Es wird als eine chronische Erkrankung betrachtet, wahrscheinlich ein Autoimmun-Geschehen. Das Auftreten eines Lichen Sklerosus hängt einerseits mit einer Schwäche des Basisschutzsystems zusammen, so dass mit einer Sättigung desselben oft ein beschwerdefreier Zustand erreicht werden kann.
Zusätzlich weisen fast alle Betroffene von Lichen Sklerosus eine Beckenring-Dysfunktion auf (Pelvic Joint Disorder, ISG-Syndrom), das manuell diagnostiziert und behandelt werden kann. Bei einer Lichen Sklerosus Diagnose empfehle ich deswegen, den Beckenring manuell untersuchen und ev. behandeln zu lassen.

Beschwerden
Lichen sklerosus juckt enorm, tagsüber und nachts. Er kann auch Risse bilden, brennen, schmerzen und bluten. Da sich Haut und Unterhaut verändern, kann es zu Schmerzen beim Stuhlgang kommen, zur Verkleinerung der Nymphen (kleinen Schamlippen), Versenkung der Venusperle (Klitoris), Verengung der Venusschwelle (Introitus) und der Samthöhle (Scheide). Dies alles kann Schmerzen beim Minnen (Sexualität) verursachen. Bei Knaben und Männern kann es zu Vorhautverengungen kommen (Phimosen) und ebenfalls zu Schmerzen beim Minnen.

Vorkommen
Lichen sklerosus ist nicht so selten, wobei exakte Daten bis anhin fehlen. In meiner Praxis sehe ich etwa 30 Betroffene pro Jahr (ca. 0.55%), dies entspricht in etwa den publizierten Daten (0.2% bei Kindern und jungen Erwachsenen bis 3% bei Frauen über 80 Jahren).
Lichen kommt gehäuft in Zeiten von tiefem Östrogen vor, also in der Kindheit, im jungen Erwachsenenalter, in der Perimenopause und im hohen Alter, aber auch unter hormonellen  Verhütungsmitteln und unter Hormonbehandlungen in der Menopause.
Lichen ist gehäuft nach früheren Eingriffen im Genitalbereich, bei Diabetes mellitus und bei Schilddrüsenerkrankungen, speziell bei positiven Antikörpern gegen Schilddrüsengewebe. Das häufigere Auftreten von Lichen sklerosus bei rauchenden und bei übergewichtigen Männern wie auch bei Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen deutet auf eine Störung des gesamten Stoffwechselnetzwerk hin. Somit sind auch Störungen im Fettstoffwechsel und in der Krebsentwicklung anzunehmen.

Abklärungen
Bei Lichen sklerosus und lichenoiden Ekzemen (dem Lichen ähnlich aussehende, nicht mit Biopsie abgeklärte Ekzeme) sollte der Zuckerstoffwechsel (HbA1c, nüchtern Blutzucker), die Schilddrüsenhormone (fT3, fT4, TSH) und die Schilddrüsenantikörper (TPO=Thyreoperoxidase-Antikörper, Thyreoglobulin-Antikörper, TRAK=Thyreotropin-Rezeptor-Antikörper) abgeklärt werden. Zusätzlich, wie bei allen Hauterkrankungen, sollen Vitamin D3 und Ferritin bestimmt und bei tiefen Werten ergänzt werden.

Beratung und Behandlung
Um langfristige, nachhaltige Erfolge zu erzielen, ist der Aufbau des Basisschutzsystems von grösster Bedeutung, beispielsweise mit 2dl Grünsaft täglich und Verzicht auf weissen Zucker und Weissmehl.

Behandlung im akuten Schub:
Bei Erstdiagnose und im akuten Schub empfehle ich Nystalocal (Dexamethason Stärkeklasse II, Nystatin und Chlorhexidin). Diese Kortisoncrème ist mit einem Pilzmittel (Nystatin) und einem leicht antibakteriell wirkenden Mittel (Chlorhexidin) kombiniert und bis ins hohe Alter sehr gut verträglich. Mit reinen, stärker wirksamen Kortisonpräparaten gemäss den konventionellen Empfehlungen habe ich deutlich mehr Unverträglichkeitsreaktionen gesehen und keine bessere Wirkung. Anwendung: in der ersten Woche wird abendlich der gesamte befallene Bereich mit Nystalocal fein einmassiert. In der zweiten Woche wird alle zwei Abende Nystalocal zart einmassiert, ab der dritten Woche für meist drei Monate wird einmal pro Woche Nystalocal angewendet.
Seit 2023 empfehle ich anstelle von Nystalocal oder zusammen mit einer einmal wöchentlichen Anwendung von Nystalocal die Verwendung einer magistralis hergestellten Salbe aus Ivermectin und CBD. Diese Kombination hat bis anhin sehr gute Ergebnisse geliefert und reduziert die Abhängigkeit von Cortison-Behandlungen deutlich. Aktuell ist sie lediglich auf Magistralrezeptur erhältlich.

Langzeitpflege:
Ab der zweiten Woche empfehle ich alternierend zur Ivermectin-CBD-Salbe oder zu Nystalocal den Peru-Balsam (Hamamelis virginiana, Perubalsam, Wollfett) aufzutragen. Für AllergikerInnen hat sich die Kamillosan-Fettsalbe bewährt, in Kombination mit einer einmal wöchentlichen Kompresse mit Eichenrinde (Quercus Cortex liq.). Kamillosan-Fettsalbe hat bei einer einzigen Person in den letzten 22 Jahren zu einer allergischen Reaktion geführt, trotz den häufigen Warnhinweisen vor Kamille. Ab der dritten Woche ist die tägliche Pflege für die ersten drei Monate sehr wichtig, danach kann die Pflege auf ein- bis zweimal pro Woche reduziert werden, wenn ein Aufbau des Basisschutzsystems erfolgt. Wenn dies nur langsam in Gang kommt, dann besser bei einer abendlichen Pflege bleiben und wegen der Möglichkeit von akuten Lichen-Schüben eine Nystalocal Crème als Reserve bei sich behalten.

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